Still & Stark #7: Alles Intro oder was?

Was wäre unsere Welt ohne Schubladen... Auf, rein mit was auch immer und wieder zu. Dann noch beschriften und schon herrscht Ordnung. Das funktioniert nicht nur mit Socken oder allerlei Krimskrams, sondern ganz gut auch mit Menschen, Charaktereigenschaften und Verhalten. Stefan sitzt beobachtend am Rand, hört den dreien zu, die neben ihm sitzen, und verabschiedet sich nach ein paar Stunden schon wieder von der Party? So was von introvertiert. Ganz im Gegensatz zu Nina, die vor Energie nur so sprüht, wild gestikulierend spricht, laut lacht und nach der Geburtstagsparty noch weiterzieht. Extraversion in Reinkultur.

 

Nun machen Kategorisierungen natürlich grundsätzlich Sinn. Sie helfen uns, mit der um uns herrschenden Komplexität besser klarzukommen, alles etwas überschau- und greifbarer zu machen, uns mit Dingen auseinanderzusetzen, um sie letztlich besser zu verstehen.

 

Kategorien täuschen aber auch eine Trennschärfe vor, die so in der Realität oft nicht existiert. Und Schubladendenken kann zu Reduzierungen und Vorurteilen führen und so einen offenen, unvoreingenommenen Blick verunmöglichen.

 

Darum lohnt sich auch bei der Unterscheidung zwischen Introversion und Extraversion ein genaueres Hinsehen. Carl Gustav Jung, der Begründer der analytischen Psychologie, führte die Bezeichnungen ein, um zu zeigen, wie sich Menschen grundsätzlich in der Richtung unterscheiden, in die ihre Wahrnehmung, ihre Intuition, ihr Denken und Fühlen gehen – nach innen (introvertiert) oder nach außen (extrovertiert). Allerdings machte er gleichzeitig klar, dass niemand permanent am einen oder anderen Ende des Spektrums einzuordnen ist. Vielmehr haben wir alle eine bestimmte Tendenz, bewegen uns aber – je nach Situation oder Rolle – auch mal hin und her.

 

Wer sich nicht so eindeutig in der einen oder anderen Richtung verorten lässt, gilt heute als ambivertiert (auch wenn der Duden das Wort noch nicht kennt). Und die Unterscheidung zwischen Introversion und Extraversion hat in viele Persönlichkeitsmodelle und -tests Einzug gehalten, etwa beim Myers-Briggs-Typenindikator oder beim Big-Five-Modell. Damit bleibt die Einteilung aber pauschal: Intro hier, Extro da. Zwei breite Bevölkerungsgruppen, die sich gegenüberstehen. Zwei Gruppen mit jeweils so vielen Individuen, dass klar ist, dass die einfache Kategorisierung zu kurz greift.

 

Umso erfreuter war ich, als ich auf das Modell von Doris Märtin stieß, die sogenannte IntroDNA©. Sie öffnet innerhalb der Introversion nochmals vier Schubladen und unterscheidet:

  • Masterminds (M-Intros): kühle Denker und Lenker – scharfsinnig, aber distanziert
  • Nerds (N-Intros): fachlich versiert bis genial, doch im sozialen Umgang unbeholfen
  • Supersensible (S-Intros): Feingeister mit sensibler Wahrnehmung – empathisch, leicht überreizt
  • Cocooner (C-Intros): unauffällig im Hintergrund – harmoniebedürftig und schüchtern

Das Modell bietet eine wertvolle Erweiterung, um zu zeigen, dass Intro nicht gleich Intro bedeutet, sondern Introversion ein breites Spektrum an Menschen mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen und Fähigkeiten umfasst. Ich nutze es in meinen Coachings gerne als Ausgangspunkt für ein erstes besseres Verständnis der eigenen Persönlichkeit. Danach ist es mir aber wichtig, mich auch von diesen Schubladen wieder zu lösen. Eine selbstentwickelte Methode der Biografiearbeit, die sich am Geist der Objektiven Hermeneutik orientiert, hilft mir dabei. Ziel ist es, unbewusste Kompetenzen und Entwicklungsfelder durch das Erzählen persönlicher Erlebnisse und Situationen aufzudecken.

 

Denn Lebenswege sind so unterschiedlich, so facettenreich, dass nur ein individueller Blick darauf Sinn macht.

 

Du bringst deinen ureigenen Erfahrungs- und Erlebnisschatz, der dich zu dem Menschen macht, der du bist. Und genauso ist dieser Schatz der Schlüssel für alles, was vor dir liegt. Er bietet alle Möglichkeiten, deinen Weg weiterzugehen – egal für welche Richtung du dich entscheidest.

 

 

Diesem Schatz spüren wir nach und holen alles ans Licht, was dich auf deinem Weg weiterbringt.

Still & Stark - mein Blog für introvertierte Gründer*innen